UB Bonn
Der Landesparteitag möge beschließen:
Datenschutz und IT-Sicherheit
Unser Leben wird immer stärker durch die digitale Technik bestimmt. Gleichzeitig verlieren wir die Kontrolle über unsere Daten. Bürgerinnen, Bürger, Staat und Wirtschaft sehen sich zunehmen durch Cyberangriffe bedroht. Datenschutz und IT-Sicherheit müssen gestärkt werden. Dazu möge der Parteitag folgenden 5-Punkte-Plan beschließen:
- Die Bonner SPD fordert, eine bessere Ausstattung der Schulen, sowie eine verstärkte Aus- und Fortbildung des Lehrpersonals damit in den Schulen vermehrt die Themen Datenschutz, IT-Sicherheit und Umgang mit sozialen Medien zur Kompetenzbildung der Kinder in den Unterricht einfließen können. Auch die Sensibilisierung und Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger in Fragen des Datenschutzes, im Umgang mit sozialen Medien und in der IT-Sicherheit werden gestärkt. Dazu kann z.B. das entsprechende Beratungsangebot der Verbraucherschutzzentralen durch Landes- und Bundes-Förderungen gestärkt werden.
- Die Bonner SPD fordert, dass die Bürgerinnen und Bürger insbesondere bei der Nutzung von Internet-Diensten mehr Kontrolle über ihre eigenen Daten bekommen. Ohne Einwilligung dürfen u.a. zu Werbezwecken keine personenbeziehbaren Daten gespeichert und analysiert werden. Auch dürfen ohne Einwilligung keine personenbeziehbaren Daten an Dritte weitergegeben werden. Internetnutzerinnen und -Nutzer müssen Tracking (Nachverfolgen der Tätigkeiten von Personen) wirkungsvoll untersagen können. Vereinbarungen zum Datenschutz und Nutzungsbedingungen müssen transparent sowie kurz und prägnant formuliert sein. Sie müssen an prominenter Stelle auffindbar sein. Hinreichende Alternativen, die sparsam mit persönlichen Daten umgehen, sind anzubieten.
- Die Bonner SPD fordert, dass die europäische IT-Wirtschaft, Bereich IT-Sicherheit, massiv auf EU-Ebene gefördert wird, um langfristig die Abhängigkeit von amerikanischen und asiatischen IT-Produkten abzulösen.
- Die Bonner SPD fordert, dass die Polizei mehr Ressourcen (Personal, Ausbildung, Ausstattung) zur Bekämpfung von Internetkriminalität und zur Prävention erhält.
- Die Bonner SPD fordert, dass die internationalen Rechtshilfeabkommen, die zur Bekämpfung von Internetkriminalität unerlässlich sind, vereinfacht und verbessert werden. Im europäischen Raum wird das zügellose Ausspionieren von Bürgerinnen, Bürger, Wirtschaft und Behörden durch die Geheimdienste mittels eines No-Spy-Abkommens wirksam verhindert werden.
Die Europäische Datenschutzrichtlinie muss die persönlichen Daten der Bürgerinnen und Bürger sowie die Freiheit der Europäer wirkungsvoll schützen. Die geplanten transatlantischen Freihandelsabkommen dürfen u.a. die europäischen Datenschutz- und IT-Sicherheits-Standards nicht aushöhlen.
Die Ziele Stärkung der Freiheit aller Menschen, Erhöhung des Datenschutzes und Verbesserung der IT-Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft und Behörden sollen in das nächste Grundsatzprogramm der SPD einfließen.
Begründung:
Die digitale Technik beeinflusst unser Leben immer stärker. Sowohl am Arbeitsplatz als auch zuhause werden wir mit dieser sich rasant entwickelnden Technik konfrontiert. Ständig müssen wir Neues hinzulernen, um nicht ins Hintertreffen zu geraten.
Gleichzeitig spüren wir immer deutlicher den Kontrollverlust über unsere persönlichen Daten oder werden mit Szenarien der staatlichen Massenüberwachung überrascht. Auch am Arbeitsplatz werden die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer häufiger verletzt.
Angesichts dieser Entwicklung sorgen sich die Menschen um ihre Zukunft. Eine von den Wirtschaftsinteressen amerikanischer Konzerne getriebene, zügellose Fortentwicklung dieser Technik kann der Freiheit der Menschen in Europa schaden.
Aufgrund des Mauerfalls vor 25 Jahren und der NS-Herrschaft, die vor mehr als 80 Jahren begann, wissen gerade wir Deutsche, die Freiheit der Menschen zu schätzen. Dazu gehört das Recht auf Informationsfreiheit, auf Anonymität und die Kontrolle über die eigenen persönlichen Daten. Dagegen stehen die kriminellen Handlungen von Internetverbrechern, die Datensammelwut der Wirtschaft und die staatliche Massenüberwachung. Gleichwohl ist eine angemessene Sicherheit zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger unerlässlich. Auch im Internet gilt nicht das Recht des Stärkeren.
Unser sozialdemokratisches Empfinden weiß, dass nur ein geregeltes Miteinander zu Chancengleichheit und Gerechtigkeit führen kann. Das Wort „Datenschutz“ beinhaltet das Wort „Schutz“, also Sicherheit. Ohne Sicherheit gibt es keinen Datenschutz. Zuviel Sicherheit (z.B. anlasslose Massenüberwachung) verhindert jedoch Freiheit und Datenschutz. Somit kommt es auf die richtige Balance an. Freiheit, Datenschutz und Sicherheit müssen in Einklang gebracht werden. Die derzeit sehr stark polarisierende Debatte der Vertreter konservativer und liberaler Kräfte kann nicht zu einem für die Menschen annehmbaren Ergebnis beitragen.
Ja, wir müssen die deutsche Wirtschaft stärken, um die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutschland nicht zu gefährden. Gleichzeitig müssen wir Freiheit, Datenschutz und Sicherheit in Einklang bringen. Auch hierbei müssen wirtschaftliche Interesse berücksichtigt werden. Das amerikanische Modell darf aber nicht die Grundlage dafür sein. Wir brauchen einen europäischen, unabhängigen Weg.
Aus der Abwägung, welche Sicherheitsmaßnahmen in einer freien Gesellschaft angemessen sind, ergeben sich konkret auch die Befugnisse, die deutsche Behörden haben müssen, um Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft und Staat vor Kriminellen, vor Spionage und vor kriegerischen Angriffen auf die Kommunikationsinfrastrukturen effektiv schützen zu können. Da das Internet ein internationales Medium ist, müssen zudem internationale Abkommen zumindest auf europäischer Ebene verbessert werden.
Der Markt der digitalen Technik wird von amerikanischen und asiatischen Konzernen beherrscht. Die europäische Wirtschaft droht abgehängt zu werden. Schon heute werden zum Aufbau der kritischen Kommunikationsinfrastrukturen bei den europäischen Betreibern mehrheitlich amerikanische und chinesische Produkte eingesetzt. Somit legen wir die Sicherheit unserer existenziellen Kommunikationsinfrastrukturen in die Hände fremder Mächte. Europa muss massiv aufpassen, nicht den Anschluss zu verlieren und nun aus seinem Dornröschenschlaf erwachen. Dazu brauchen wir auf europäischer Ebene eine groß angelegte Förderung der digitalen Technik. Insbesondere müssen wir die Kontrolle über unsere kritischen Kommunikationsinfrastrukturen durch den Einsatz eigener, europäischer Produkte zurück gewinnen. Aber auch Freiheit und Datenschutz dürfen nicht wirtschaftlichen Interessen geopfert werden. Besonders der Bildung von umfangreichen Nutzer-Profilen zu Werbezwecken muss endlich wirkungsvoll Einhalt geboten werden.
Viele Bürgerinnen und Bürger, die heute die digitale Technik nutzen, sind gleichzeitig mit der Umsetzung der notwendigen Sicherheitsmaßnahmen überfordert. So setzen sie sich unberechenbaren Gefahren aus. Daher muss die Sensibilisieren und Aufklärung intensiviert werden. Das Thema Sicherheit und der Umgang mit persönlichen Daten im Internet müssen bereits in den Schulen fester Bestandteil des Unterrichts sein. Ferner müssen die Beratungsangebote gestärkt werden, um so die Chancengleichheit unabhängig vom Bildungsstand verbessern zu können.
Aus unserer Sicht ist es von herausragender Bedeutung, dass die SPD Antworten auf die Herausforderung, Freiheit, Datenschutz und IT-Sicherheit in Einklang zu bringen, findet. Daher schlagen wir diesen 5-Punkte-Plan zur Umsetzung vor. Bonn ist der Datenschutz- und IT-Sicherheitsstandort Nummer 1 in Deutschland. In der Bonner Region sind u.a. die Beauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, die Deutsche Telekom, die Deutsche Post, die Universität Bonn und die ansässigen Fraunhofer Institute beheimatet. Setzen wir auch als Bonner SPD so Akzente für die Zukunft unseres Landes.
Empfehlung der Antragskommission: